Datum: 03. Februar 2004 20:22
... ich mag meinen Achter!
Hallo erstmal,
Also für meinen Achter muß ich jetzt doch mal ne Lanze brechen.
Bis zum Februar 2003 fuhr ich einen 99er Ford Cougar, mit elektrischen Fensterhebern, Fernbedienung, Klimaelektronik, ect. pp. was man so hat.
Dieser Wagen war allerdings sauteuer im Unterhalt, Versicherung alleine war hinterher über 1000 Euro im Jahr! Der Wagen sollte also weg, und da mein Vater auch schon lange Mercedes fährt hatte ich einen 124 im Sinn als 200 Benziner. Mein Vater hatte zu der Zeit einen 200D 124. Mir gefiel der 123 zwar deutlich besser, weil klassische Karosserieformen und Chromschmuck mich schon immer begeistert haben, aber ich wollte doch keine alte Karre... 124 war schon gut, nur natürlich nicht als Diesel. Der war grausam langsam und laut, also 200E wurde gesucht. Nur wie das so ist, plötzlich fuhr mir da dieser wunderschöne alte Mercedes über den Weg, den ich erst gar nicht zuordnen konnte... Aber geforscht hab ich natürlich und als der Name /8 viel, machte es auch "Ping". Ich bin 27 Jahre alt und müßte den eigendlich in meiner Jugend noch gesehen haben, aber irgendwie ist der 123 der älteste Mercedes der mir wirklich geläufig war. Aber der war sooo Klasse. Schlicht, und trotzdem irgendwie elegant. Extrem klassisch, aber doch irgendwie gar nicht so unmodern... Seriös und trotzdem verspielt... Dank Internet wußte ich sehr schnell fast alles über den Wagen, und natürlich auch über H-Zulassung und das der /8 eine saugünstige Versicherungsklasse hatte. Also wagen wir es? Ein 30 Jahre altes Auto im täglichen Einsatz? Ach ist doch ein Mercedes und evt. nötige Reparaturen holt die günstige Versicherung wieder rein! Also kaufen wir einen 200/8 1 Serie in weiß mit blauer Ausstattung und Schiebedach- der mutige Entschluß.
Nachdem ich dann die Möglichkeit hatte ein 230er probezufahren, kippte die Vernunftsentscheidung mit den 4 Zylindern... Die Maschine lief viel runder als der 2,0 16V in meinem Ford. Durchzugstärker im unteren Drehzahlbereich, seidenweicher Lauf, kerniges und unverfälschtes Sechszylinderbrummen. WOW!
So kam ich zu einem 71er 230/8 den ich regelmäßig gefahren habe von Februar bis Oktober. Zur Arbeit, zum Einkaufen, selbst in den Urlaub. Und natürlich zwischendurch mal zu Oldtimerrallys und zu dem von Felix organisiertem Treffen wo ich mich immer gerne dran erinnere. Über 6000 Kilometer kamen zusammen! Und nicht einmal habe ich mir ein moderneres Auto gewünscht! Und der Wagen war ein echter Mercedes und ich hatte nicht eine Panne! Hier war mal ein Vergaser abzudichten, da mal eine undichte Spritpumpe zu erneuern. Das war es aber auch schon. Ich bin 1,89 mit ziemlich langen Beinen. Bei modernen Autos sind die Kunstoffverkleidungen unterm Armaturenbrett immer extrem auf den Fahrer zugebaut, so das ich selbst bei großen Wagen nur Millimeter Platz vor den Knien habe. Dazu kommen tiefe und aerodynamisch geformte Dächer und extrem schräg stehende Frontscheiben. Das engt ziemlich ein finde ich. Im Mercedes habe ich viel Beinfreiheit, im Sitz versinkt man wie in einem Clubsofa. Die Scheibe ist weit von mir weg, ziemlich gerade und sogar noch panorama-mäßig leicht rumgebogen und schließt an recht dünnen A-Säulen an. Das Raumgefühl ist Klasse. Schaue ich nach vorne habe ich die geradezu barock anmutende Motorhaube komplett im Blick, an derem Ende auf dem großen verchromten Sockel der Stern sich senkrecht und selbstbewusst nach oben reckt.
Von den fahrleistungen her beschleunigt der Wagen meiner Meinung nach sehr gut und überzeugt durch ein extrem komfortables und trotzdem sicher beherschbares Fahrwerk, welches trotz Komfort auch zügige Kurvendurchfahrten ermöglicht. Die 4 Scheibenbremsen verzögern hervorragend und der Wendekreis ist erfreulich klein. Die Heizung wird schnell warm und die Scheiben neigen kaum zum Beschlagen. Das große Schiebedach ist im Sommer einfach Klasse. Der Motor zieht gut und erzeugt praktisch keine Vibrationen, nur bei sehr hohen Drehzahlen. 200 Km/h schafft der Wagen auf gerader Strecke, holt man alles raus. 160 ist als Dauergeschwindigkeit problemlos und mit erträglicher Geräuschkulisse möglich. Meißt fahr ich 130, da das entspannend ist und vor allem muß man hier eh ständig bremsen wenn man schneller fährt da der Verkehr ziemlich dicht ist. Bei anbrechender Kälte hatte ich im Kurzstreckenbetrieb 14 Liter verbraucht, auf Langstrecke schaff ich auch 11. Das finde ich sehr respektabel für so eine alte Maschine, zumal ich die Zündung etwas später habe und den Wagen mit 95 Oktan fahre. Was soll also an dem Wagen für den heutigen Alltagsverkehr nicht geeignet sein?
Ich habe meinen abgestellt und fahre nur bei trockenem Wetter, aber weil ich Angst um die Karosserie habe, den Wagen aber noch viele viele Jahre haben will!
Ich habe im Oktober einen BMW 525e Automatik bekommen, der sonst verschrottet worden wäre. Der hat G-Kat, Servo ect. Da aber ein dicker BMW zu teuer ist neben dem Mercedes habe ich mich nach einem Kleinwagen umgesehen für den Alltag. Dieser sollte maximal günstig sein, in Anschaffung und Unterhaltung, und trotzdem irgendwie was "kultiges".
Heraus kam ein Trabant 601S.
Ich rate jedem der Zweifel hat an der Alltagstauglichkeit eines /8 eine Woche zu fahren damit...
Der Wagen hat kein Innenraumgebläse, nur Luftklappen. Für die Heizung wird beim Rollen Fahrtwind über eine Auspuffumantelung nach innen geleitet. Zusätzlich noch ein wenig Warmluft vom Motorkühlgebläse. Als Antrieb dient ein luftgekühlter Zwei-Zylinder Zweitakter mit Gemischschmierung und gnadenlosen 26 PS. Zur Verzögerung dienen 4 Trommelbremsen, ausgelegt als Servobremsen ohne Bremskraftverstärker. (Muß man morgens erst warmbremsen bevor die richtig funktionieren) Der Wagen fährt maximal 115 Km/h schnell, das grenzt aber schon an Selbstmord. Außerdem ist die Maschine nicht vollgasfest. Am besten ist, man schwimmt mit den LKWs. Hinten hat der Wagen ne Starrachse an 2 Schraubfedern. (Modernste Ausführung) Vorne ein querliegendes Blattfederpacket, mittig befestigt und die Enden drücken auf die Federbeine. Zusammen mit den Diagonalreifen in 5.5 * 13 gibt das keine atemberaubende Straßenlage. Fahrwerk und Lenkung müssen außerdem regelmäßig geschmiert werden!
Und trotz allem, das Auto bringt einen in der Stadt problemlos von A) nach B). Der Kofferraum ist überraschend geräumig und ab und an ne längere Fahrt bewältigt man auch.
Würde mir jetzt jemand ne neue, vollausgestattete E-Klasse schenken, die würd ich sofort verkaufen! Von dem Geld würd ich den /8 in einen netten Restaurierungsbetrieb bringen, und solange mit der Pappe umherfahren, bis ich dann meinen geliebten Achter in Zustand 1-2 wieder in Empfang nehmen kann.
Oh, Sorry das ist jetzt aber viiiel mehr als geplant...
Naja, jedenfalls versteht jetzt wohl jeder, ich bin durch mit modernen Autos...
Nette Grüße,
Thomas.